Zuviel der Zumutungen

Im Juli stimmen die Hamburger über die Einführung der sechsjährigen Primarschule in einem Volksentscheid ab. Es wird mit einem knappen Ergebnis gerechnet. Trotzdem hat der schwarz-grüne Senat in den vergangenen Wochen unabhängig von der Schulreform eine bildungspolitische Entscheidung nach der anderen getroffen, die die Eltern weiter belasten und verunsichern. Ein Kommentar.

Der Senat legt es offenbar darauf an, den im Juli anstehenden Volksentscheid über seine Schulreform mit Hagel und Granaten zu verlieren. Anders lässt es sich kaum erklären, dass aus dem Rathaus derzeit fast nur Meldungen kommen, die geeignet sind, die Eltern in dieser Stadt zu verunsichern.

Da denken die schwarz-grünen Regenten laut über die Abschaffung der Vorschulen nach. Die groß angepriesene Beitragsfreiheit im letzten Kita-Jahr soll plötzlich nicht für sogenannte Kann-Kinder gelten. Das Essensgeld in den Schulen steigt um mehr als 300 Prozent. Die Hortbetreuung für Kinder, die älter als zwölf Jahre sind, wird gestrichen. Die Kita-Gebühren für Mittelschichtseltern werden um 100 Euro pro Kind angehoben – für Eltern behinderter Kinder noch drastischer. Und als sei das alles nicht genug, sickert nun ein unausgegorener Entwurf zur Reform des Notensystems durch, nach dem die Leistung von Schülern künftig mithilfe einer 90-Punkte-Skala bewertet werden soll.

Eine Regierung, die so viel Verunsicherung in so kurzer Zeit schafft, dürfte sich nicht wundern, wenn die Eltern am Ende auch ihrer Schulreform nicht mehr über den Weg trauen – ganz gleich, wie gut oder nötig diese womöglich ist.

Erschienen am 1. April 2010 in WELT und WELT ONLINE. Eine Sammlung von Jens Meyer-Wellmanns Kolumnen über den alltäglichen Familien- und sonstigen Wahnsinn gibt es unter dem Titel „Schrei mich nicht an, ich bin ein Wunschkind“ auch als eBook bei Amazon, und zwar hier.

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