Solide und akzentfrei

Hamburgs neuer Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU) hat in der Bürgerschaft seine erste Regierungserklärung als Chef des schwarz-grünen Senates abgegeben. Die Bewertungen der meisten Medien dazu waren eher negativ. Warum eigentlich? Ein Kommentar.

Wenn man von einer Regierungserklärung erwartet, dass sie die künftige Politik einer Regierung grob umreißt, dann gibt es an der gestrigen Rede von Christoph Ahlhaus nichts zu bemängeln. Wer dagegen ein glanzvolles Signal für einen schwarz-grünen Neustart erhofft hatte, der wurde nicht glücklich gemacht.

Hamburgs neuer Bürgermeister ist kein Visionär, kein Mann, der zum großen Aufbruch bläst. Er ist eher jemand, der, anders als Ole von Beust es zuletzt getan hat, das Alltagsgeschäft des guten Regierens in den Vordergrund seiner Arbeit rückt. Das hat nicht nur das beeindruckende Terminpensum seiner ersten Amtswochen gezeigt. Auch seine erste Regierungserklärung war mehr vom Willen geprägt, eine schwarz-grüne Agenda abzuarbeiten, als davon, eigene Akzente zu setzen.

Immerhin, Ahlhaus hat klar gesagt, was die Eckpfeiler seiner Politik bis 2012 sein sollen: eine starke Wirtschaft, eine energische ökologische Neuausrichtung, eine schmerzhafte Sanierung der Finanzen – und eine deutliche Steigerung des Wohnungsbaus. Er steht zur Elbvertiefung und zur Stadtbahn. Er setzt auf eine Spezialisierung der Hochschulen und will Hamburg zur Hochburg der Umwelttechnik machen.

Bei all dem hat Ahlhaus die Inhalte des Koalitionsvertrages weitgehend emotionslos heruntergebetet – und kaum ein Politikfeld ausgelassen. Das alles war nicht glanzvoll, aber jemand, der ein Ministerpräsidentenamt 18 Monate vor einer Wahl und mitten in der tiefsten Haushaltskrise übernimmt, dem wird das Glänzen auch nicht leicht gemacht.

In der Summe war diese Regierungserklärung ein solider Auftakt. Ob es der Auftakt zu einem Interregnum oder zu einer Ära Ahlhaus war, entscheidet sich daran, was den schönen Worten für Taten folgen. Christoph Ahlhaus von vornherein zu unterschätzen, könnte jedenfalls ein Fehler sein. Auch solide Arbeit kann bei Wählern gut ankommen.

Erschienen am 16. September 2010 in WELT und WELT ONLINE. Eine Sammlung von Jens Meyer-Wellmanns Kolumnen über den alltäglichen Familien- und sonstigen Wahnsinn gibt es unter dem Titel „Schrei mich nicht an, ich bin ein Wunschkind“ auch als eBook bei Amazon, und zwar hier.

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