Scholz muss liefern

Anders als versprochen fällt die Dividende von Hapag-Lloyd für die Stadt in diesem Jahr ins Wasser. Beim Kauf neuer Anteile zu Jahresbeginn für 420 Millionen Euro hatte der Senat von Olaf Scholz noch mit 35 Millionen Euro an Einnahmen kalkuliert. Ein Kommentar.

Der Vergleich war nicht unbedingt gelungen. Als die Elbphilharmonie immer teurer und teurer wurde, kommentierte der damalige Bürgermeister Ole von Beust im Jahr 2008 gewohnt launig: Wenn man sich eine neue Küche einbauen lasse, werde die doch auch meistens um 30 Prozent teurer. Mit anderen Worten: Was soll’s?

HSH-Nordbank-Aufsichtsratschef Hilmar Kopper hätte vielleicht eher von „Peanuts“ als von Einbauküchen gesprochen.

In die Kategorie „Nicht so schlimm“ könnte man auch die jüngste Nachricht aus dem Hause Hapag-Lloyd einordnen. Wie bereits befürchtet, musste der Senat jetzt offiziell einräumen, dass die erwartete Dividende von 35 Millionen Euro ausbleibt, die er sich aufgrund seiner im Frühjahr weiter aufgestockten Anteile erhofft hatte.

Passt zur neuen Pechsträhne des Olaf Scholz

Das ist bei einem Haushaltsvolumen von mehr als elf Milliarden Euro und sprudelnden Steuereinnahmen nicht unbedingt dramatisch. Außerdem ging es bei der Ausweitung der Beteiligung ja vor allem darum, ein Traditionsunternehmen in Hamburg zu halten – und nicht um Dividenden.

Und doch: Dass Olaf Scholz seine eigene Regierungserklärung aus dem Februar nun korrigieren muss, passt derzeit prima ins Bild. Es läuft schon länger nicht mehr rund für den Bürgermeister.

Bei der Elbphilharmonie hat Scholz außer einem Jahr Baustillstand und weiter steigenden Kosten nichts bewirkt. In Sachen Elbvertiefung hat sich der von Scholz und Wirtschaftssenator Frank Horch weltweit verbreitete Optimismus in Katerstimmung verwandelt.

Und bei der HSH Nordbank, die mehrheitlich den Steuerzahlern in Hamburg und Schleswig-Holstein gehört, verfestigt sich der Eindruck, dass Aufsichtsratschef Hilmar Kopper macht, was er will. Er verteilt Millionen-Abfindungen, und auch bei der Berufung des neuen Vorstandschefs wirkte es, als habe Kopper die Personalie im Alleingang entschieden.

Kein Senator im Aufsichtsrat der HSH Nordbank

Die Stadt sitzt lediglich mit einem einzigen Fachbeamten im Aufsichtsrat der Bank. Und wenn dieser Beamte im Urlaub ist, geht, wie im Oktober, gar kein Hamburger Kontrolleur zu den Gremiensitzungen der Bank, bei der es für die Stadt um fast 20 Milliarden Euro geht.

All das passt nicht wirklich zu dem Leitsatz von Olaf Scholz: „Wer Führung bestellt, bekommt sie auch.“ Es passt auch nicht zum Motto vom guten Regieren. Das sehen offenbar auch führende Hamburger Sozialdemokraten so.

Für Scholz muss es ein Warnsignal sein, dass sich kürzlich ein Genosse vom linken und einer vom rechten Flügel in ihrer Senatskritik einig waren. Fast gleichlautend forderten der Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs und der Bürgerschaftsabgeordnete und Ex-Ver.di-Chef Wolfgang Rose: Hamburg muss Senatoren in den Aufsichtsrat der Nordbank schicken.

Das übrigens hatte auch der heutige Finanzsenator Peter Tschentscher stets gefordert, als er noch in der Opposition saß. Mit seinem Amtsantritt hat er diese Forderung aufgegeben.

Zeit, selbst die Verantwortung zu übernehmen

Es mag menschlich verständlich sein, zu dieser Bank einen möglichst großen Abstand zu wahren. Politisch ist es problematisch. Denn es wirkt wie das Gegenteil von Führung: wie Wegducken.

Wahr ist natürlich: Scholz und seine SPD haben fast all die großen Probleme geerbt, bei denen es derzeit um so viele Milliarden Euro für Hamburg geht. Allerdings wollten sie sie erben – deswegen sind sie zur Wahl angetreten.

Jetzt sind die Probleme von HSH bis Hapag-Lloyd Probleme des Bürgermeisters, und er muss sie lösen. Die Zeiten, in denen er auf andere verweisen kann, sind vorbei. Scholz muss jetzt führen und liefern. Sonst ist der Nimbus des kompetenten Regenten schnell beschädigt.

Vergleiche mit Einbauküchen verbieten sich künftig. Für Hamburg und seine Bürger stehen in diesen Wochen und Monaten hohe Milliardensummen auf dem Spiel. Für den Bürgermeister sein Ruf als Macher.

Erschienen in Hamburger Abendblatt und in gekürzter Fassung auch in der WELT am 22. November 2012.
 

 

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