Umweltpolitik bei Olaf Scholz: Nur noch Gedöns

Der Hamburger SPD-Senat hat es in zwei Jahren Regierung nicht geschafft, der EU ein verabschiedetes Luftreinhalteprogramm vorzulegen. Jetzt erhöht Brüssel den Druck auf all die Städte, die die Schadstoffgrenzwerte nicht einhalten. Es ist kein Zufall, dass Hamburg dazugehört. Der SPD ist die Umweltpolitik schnurz wie in den 1970ern. Ein Kommentar.

Olaf Scholz ist bekanntlich kein religiöser Mensch. Einen tiefen Glauben aber pflegt der Hamburger Bürgermeister trotzdem – den an die Industrie und ihre Ingenieure. Sobald es um Klima- und Naturschutz geht, betont Scholz stets, wie sehr er auf die Lösung aller Probleme durch den „ingenieurgetriebenen Umweltschutz“ baue.

Den Autoverkehr will Scholz nicht antasten

Das ist eine sehr praktische Herangehensweise. Dreckige Luft und ohrenbetäubender Verkehrslärm? Die Ingenieure werden’s schon richten. Wir brauchen weder Umweltzone noch CityMaut, nicht mehr Geld für Radwege und keine Stadtbahn. Niemand muss langsamer fahren, keiner Energie sparen, auf die Innenstadttouren mit dem Geländewagen muss kein Mensch verzichten. Warum auch?

Entsprechend dieser Einstellung haben die Hamburger SPD und ihr Chef Scholz die Umweltpolitik seit Amtsantritt 2011 in der Kategorie Gedöns abgelegt. Anders ausgedrückt: Umweltpolitik findet unter der SPD faktisch nicht mehr statt. Die zuständige Senatorin hat ja auch mit dem Wohnungsbau genug um die Ohren.

Da die Genossen allein regieren, gibt es auch keinerlei Korrektiv. Dabei würde selbst eine Große Koalition vermutlich mehr Rücksicht auf umweltpolitische Belange nehmen als dieser Senat. Denn die CDU ist hier längst moderner aufgestellt als die SPD. Die ist als gute alte (Industrie-)Arbeiterpartei nämlich in eine abgehobene Fortschrittsgläubigkeit zurückgefallen, die seit den 1980ern längst überwunden schien.

Unbeantwortet lassen die Genossen die Frage, warum Ingenieure es seit Jahrzehnten nicht schaffen, den Spritverbrauch von Autos radikal zu senken, den Lärm durch Reifenabrieb zu vermindern, funktionale Batterien zu entwickeln oder Kreuzfahrtschiffe zu bauen, die keine Dreckschleudern sind.

So ist es auch hier ein Segen, dass es die EU gibt. Sie hat die beantragte Fristverlängerung bei der Luftreinhaltung nun abgelehnt. Aus guten Gründen. Denn Hamburg und andere Städte haben das Thema über Jahre verschleppt.

Nun hat Scholz zwei Möglichkeiten: Entweder er bringt die Ingenieure dazu, ihm morgen eine Lösung ins Rathaus zu schicken. Oder er beginnt auch in der Umweltpolitik endlich mit dem Regieren.

Erschienen als Kommentar im Hamburger Abendblatt am 26. Februar 2013.

 

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