Wir sind ordentliche Protestanten. Am 31. Oktober feiern wir nicht Halloween, sondern Reformationstag. Dafür riecht es bei uns etwas strenger.
Es gibt da diesen Witz über Halloween und Politik. Eine Karikatur, die jetzt überall verbreitet wurde. Da stehen so drei Piefkes vor einer Haustür, alle ordentlich verkleidet als Gespenst, Teufelchen und Zauberer, und dann kommt ein Glatzkopf mit Rübennase und Strickpulli aus der Tür, fuchtelt rum und sagt: „Ihr habt so viele Bonbons. Ich nehm Euch die Hälfte weg und gebe sie den Kindern, die zu faul sind, von Tür zu Tür zu gehen.“ Und der kleine Zauberer denkt: „Oh scheiße, ein Sozi!“
Um es klar zu sagen: Meine Kinder tun sowas nicht. Ich habe ihnen für den 31. Oktober Luther-Kostüme genäht, dieses kapitalistische Gemüsefest wird bei uns nicht begangen, sondern der Reformationstag.
Außerdem habe ich eine Kürbisallergie, und wer soll die ganze beim Ausnehmen der Dinger entstehende Suppe essen, von der Konsistenz geflockter Milch und der Farbe von Baby… Lassen wir das.
Bettelnde Gören mit Tischtüchern über den Köpfen bekommen von uns jedenfalls weder Süßes noch Saures, sondern eine Lesung der 95 Thesen. Und wehe, einer haut vorher ab, dann wird mit dem Tintenfass geworfen.
Nach dem schmackhaften Abendessen rülpsen und furzen wir nach Luther’scher Vorgabe eine Kantate, hernach spielen wir Schach, weil man da gefahrlos Bauern erschlagen kann.
Mein Sohn hat sich jetzt zum Konfirmandenunterricht angemeldet. Manche behaupten ja, Jesus sei Sozi gewesen: Arme speisen und Reiche mit Kamelen vergleichen. Aber meinen Sohn, so mein Eindruck, interessiert weniger das Soziale, dafür eher die Technik. Überwasserlaufen, Auferstehen und so.
„Wenn Jesus alle heilen konnte“, hat er festgestellt, „dann konnte er sicher auch Fernseher und iPods durch Handauflegen reparieren.“
Das ist natürlich auch ein Grund für einen Kircheneintritt. Wer trotzdem nicht will, der soll doch Kürbisse schnitzen gehen.
Erschienen am 2. November 2013 in der Rubrik „Hamburger Momente“ im Hamburg-Teil der WELT.