Die U-Bahn-Pläne des Hamburger Senates: Bisher nur eine schwammige Vision

Hamburger Rathaus, 9. April 2014, gegen 13.20 Uhr
Vorstellung des U-Bahn-„Konzeptes“.
Rathaus Hamburg, 9. April 2014, 13.20 Uhr.

Es heißt ja, man sei immer klüger, wenn man aus dem (Hamburger) Rathaus komme. Für mich galt das heute nicht. Ich war bei einer außerordentlichen Landespressekonferenz, die ausnahmsweise nicht im großen Raum 151, sondern im ziemlich überfüllten, weil viel kleineren Raum 186 im ersten Stock stattfand. Gerufen hatten Wirtschaftssenator Frank Horch und Hochbahn-Chef Günter Elste – zur Vorstellung ihres „Konzeptes“ für eine neue Hamburger U-Bahnlinie, die U5, über das wir bereits am Dienstag vorab berichtet hatten. Mich hat das, was die beiden Herren heute ab 13.30 Uhr gesagt, oder besser: nicht gesagt haben, nicht wirklich klüger gemacht. Das lag vielleicht auch daran, dass die SPD ihre Pressekonferenz offenbar extra kurz vor der Bürgerschaftssitzung anberaumt hatte – was dazu führte, dass wir Journalisten am Ende gar nicht alle unsere Fragen loswurden. Was bei einem solchen Milliarden-Projekt, wie ich finde, ein unangemessener Umgang mit Medien und Öffentlichkeit ist. Aber selbst die Fragen, die gerade noch gestellt werden konnten, wurden nicht offen beantwortet. Ich habe zu dem Thema U-Bahn und zu der Art der Präsentation des Projektes den folgenden Kommentar für das Abendblatt vom 10. April 2014 geschrieben.

Die Rechnung bitte!

Bürgermeister Olaf Scholz muss sagen, wie er seine neue U-Bahn bezahlen will

Man kann diese Pressekonferenz auch als Tabubruch lesen. Da setzten sich also am Mittwoch der parteilose Wirtschaftssenator Frank Horch und der Hochbahn-Chef Günter Elste (SPD) im Rathaus vor die Presse und verkündeten ein „Jahrhundertprojekt“, wie es Elste selbst nannte. Sie wollen eine neue U-Bahnlinie bauen, die Bramfeld und Osdorf über die Innenstadt verbindet und nach derzeitigen Schätzungen bis zu 3,8 Milliarden Euro kosten könnte.

Klar: So eine U5 wäre eine dolle Sache. Nicht nur für die Menschen in Bramfeld, Steilshoop, Osdorf und Lurup – sondern für die ganze Stadt. Dummerweise konnten die beiden Herren aber nicht so genau sagen, wer ihr Jahrhundertprojekt bezahlen und wann mit dem Bau begonnen werden soll. Stattdessen erzählte der Wirtschaftssenator von der Fortsetzung der Arbeit unserer Vorväter und verstieg sich zu der Aussage, es sei bei solchen Grundsatzentscheidung nicht so wichtig, ob ein Streckenkilometer 50 oder 100 Millionen Euro koste.

Als Hamburger zuckt man schon beim Begriff „Jahrhundertprojekt“ seit einer Weile reflexhaft zusammen. Ein solcher Satz von einem Wirtschaftssenator, in der ihm eigenen laxen Art dahingesagt, lässt einen dann richtig schaudern. Denn das erinnert an die Aussage von Ex-Bürgermeister Ole von Beust beim Blick auf das von ihm angerichtete Elbphilharmonie-Desaster: Wer sich jemals eine Küche bestellt habe, wisse doch, dass am Ende alles teurer werde. Das sei halt so.

SPD-Bürgermeister Olaf Scholz war bekanntlich angetreten, mit solch flappsiger Unseriosität und Ungenauigkeit Schluss zu machen. Sorgfalt statt Wolkenkuckucksheim, Gutes Regieren statt Schwadronieren – das war das Versprechen. Nun aber hat der Scholz-Senat uns sein eigenes „Jahrhundertprojekt“ vorgestellt. Ohne den Hauch einer konkreten Idee zur seriösen Finanzierung. Das ist neu.

Denn es passt erstens nicht zum bisherigen Regierungsstil des Bürgermeisters und dem Versprechen, sein Senat arbeite nach dem Prinzip „Pay as you go“, also: Wer etwas will, muss auch sofort sagen, wie er es bezahlt. Es passt aber auch zweitens nicht zu seiner bisherigen Ablehnung einer Stadtbahn. Die war laut Scholz quasi unbezahlbar. Nun aber will er eine U-Bahn bauen, die vier-, fünf- oder sechsmal so teuer ist.

Das wirft allerlei Fragen auf. Da Herr Elste und Senator Horch diese nicht beantwortet haben, muss der Bürgermeister das nun selbst tun. Sonst könnte man es womöglich als Statement verstehen, dass Scholz das Jahrhundert-Vorhaben nicht selbst verkündete. Und jemand könnte ihm unterstellen, er wolle nach der Wahl sagen, das sei ja nur der Vorschlag eines parteilosen (dann vielleicht schon Ex-)Senators und des (dann vielleicht schon pensionierten) Hochbahn-Chefs gewesen. Die Hamburger haben genug Erfahrungen mit U-Bahn-Plänen ihrer SPD-Senate, die nach Wahlen wieder kassiert wurden.

All das soll nicht heißen, dass der Bau einer neuen U-Bahn schlecht wäre. Im Gegenteil. Sie wäre schneller als eine Stadtbahn und würde den Straßenraum nicht zusätzlich belasten. Die von CDU und Grünen favorisierte Stadtbahn hat allerdings andere Vorzüge. Sie wäre günstiger und schneller fertig. Aus guten Gründen haben viele europäische Metropolen moderne Stadtbahnen wieder eingeführt.

Dass Hamburg einen Ausbau des Schienennetzes braucht, ist unstrittig. Die Bürgerschaftswahl wird wohl auch eine Abstimmung darüber, ob man den neuen Anforderungen eher mit einer Stadtbahn, einer neuen U-Bahn oder einem Mischsystem gerecht wird. Damit die Hamburger das Thema konstruktiv diskutieren können, muss alles auf den Tisch. Die CDU hat ihr Stadtbahnkonzept vorgelegt, die Handelskammer ihr Metrobahnkonzept. Der Senat hat jetzt nur eine schwammige Vision vorgestellt. Das reicht nicht für einen seriösen Vergleich der Alternativen. Die SPD muss die Details nachliefern. Vor der nächsten Wahl.

Erschienen am 10. April 2014 im Hamburger Abendblatt.

 

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