Noch nie hat die Opposition in Hamburg so viele Kleine Anfragen an den Senat gestellt. Der fühlt sich überfordert – und antwortet immer unwilliger. Mein Kommentar aus dem Abendblatt.
Demokratie ist wirklich ein teurer und bisweilen anstrengender Spaß. Was Wahlen und Volksabstimmungen immer kosten! Und dazu die Unterhaltung von Parlamenten, die Zuschüsse an Parteien und auch die Beantwortung all dieser Kleinen Anfragen, mit denen die Opposition zum Beispiel in Hamburg den Senat so sehr nervt wie noch nie zuvor seit Erfindung der Volksherrschaft. Die Zahl der Anfragen, mit denen laut Hamburger Verfassung jeder Bürgerschafts-abgeordnete Informationen erbitten darf und die der Senat binnen acht Tagen beantworten muss, hat im ersten Quartal 2017 einen neuen Rekordstand erreicht. Das hat mehrere Ursachen.
Erstens zeigt es, dass die Opposition ihren Job gut macht, der bekanntlich darin besteht, die Regierung zu kontrollieren. Zweitens gibt es derzeit mit CDU, Linke, FDP und AfD allein vier Oppositionsfraktionen, die versuchen, eigene Akzente zu setzen. Und drittens antwortete die Regierung bisweilen so ausweichend auf Fragen, dass sie Nachfragen damit selbst provoziert.
Vertraute des Bürgermeisters kritisieren Artikel über Anliegen der Opposition als überflüssig
Hinter vorgehaltener Hand beklagt der Senat, dass manche Mitarbeiter nur noch mit der Beantwortung von Oppositionsanfragen befasst sind. Und Vertraute von Bürgermeister Olaf Scholz (der Loblieder auf die Pressefreiheit singt) versuchen, Journalisten von Berichten über Oppositionsanfragen abzubringen – egal, was diese zutage fördern. All das wirkt fast so, als drohe Hamburgs SPD in schlechte alte Muster der Arroganz zurückzufallen. Auch die jetzt von der Bürgerschaftspräsidentin gerügte Weigerung, Informationen herauszugeben, könnte diesen Eindruck erwecken.
Dabei sollte auch dem Hamburger Senat angesichts der aktuellen Weltlage klar sein: Noch nie war die Demokratie so wertvoll wie heute. Sie sollte uns ihr Geld und ein wenig Anstrengung wert sein. Sogar wenn man dafür ein paar zusätzliche Mitarbeiter brauchen sollte.
Erschienen als Kommentar im „Hamburger Abendblatt“ vom 18. April 2017.