Mehr unbezahlbare Wohnungen für Hamburg

Hamburgs Stadtentwicklungssenatorin Jutta Blankau hat in einem Interview versehentlich verwegene Pläne ausgeplaudert

Die SPD hat in dieser Woche angekündigt, dass sie Tausende Wohnungen in Hamburg bauen will, die sich kein Mensch leisten kann. „Wir sorgen dafür, dass jedes Jahr 6000 Wohnungen gebaut werden, von denen ein Drittel bezahlbar sein wird“, hat Stadtentwicklungssenatorin Jutta Blankau in einem Interview versprochen.

Ja, fragen wir uns da, und was wird mit den anderen 4000, mit den unbezahlbaren Wohnungen, was machen wir damit? Sollen die leer stehen? Verschenken wir sie an bedürftige Banker?

Nutzen wir sie für dezentrale Kleinkonzerte, bis die Elbphilharmonie Ende 2030 eröffnet wird? Oder reißen wir sie wieder ab und bauen sie neu, um die Wirtschaft auf die spanische Tour in Gang zu halten, weil die HHLA zu lausig wirtschaftet, um das mit ehrlicher Logistik zu schaffen?

Wo all die unbezahlbaren Wohnungen stehen sollen, hat Frau Blankau nicht gesagt. Jedenfalls nicht in Wilhelmsburg, weil sie dort die bezahlbaren Wohnungen verdrängen könnten und deren Bewohner gleich mit.

Dann wäre Wilhelmsburg irgendwann leer, und die Dönerbuden müssten nach Eppendorf umziehen. Das nennt man Gentrifizierung, und das kann ja niemand wollen.

Trotzdem muss der Senat bis 2015 mindestens 12.000 unbezahlbare Wohnungen errichten. Versprochen ist versprochen. Dafür braucht man viele Hektar Land, denn unbezahlbare Wohnungen sind meist sehr groß. Sollte der HSV erwartungsgemäß absteigen, wird vielleicht der Volkspark in eine unerschwingliche Trabantenstadt umfunktioniert.

Bürgermeister Scholz will unbedingt, dass Wort gehalten wird. Denn er weiß: Das Vertrauen der Menschen ist die härteste Währung in der Politik, quasi der Euro der repräsentativen Demokratie. In Wahrheit unbezahlbar.

Erschienen am 28. Juli 2012 in WELT und WELT ONLINE in der Rubrik “Hamburger Momente”. Eine Sammlung von Jens Meyer-Wellmanns Kolumnen über den alltäglichen Familien- und sonstigen Wahnsinn gibt es unter dem Titel „Schrei mich nicht an, ich bin ein Wunschkind“ auch als eBook bei Amazon, und zwar hier.

 

2 Kommentare

  1. Aus erster Hand (meine Schwester wohnt in Hamburg) kenne ich die Wohnsituation in Hamburg zu Genüge und die Infos aus ihrem Bekanntenkreis decken sich mit Berichten im Internet (http://www.hamburg-lokal.com/nachrichten/hamburgs-mieter-zahlen-zuviel/87).
    Allerdings ist das nicht nur ein lokales problem: Nicht nur in Hamburg ufert der Mietwucher aus!
    Einer meiner besten Freunde wohnt in Köln, vor einigen Wochen wurde ihm eine 50%ige Mieterhöhung vom Vermieter mitgeteilt. Da fragt man sich doch, ob die Menschen noch ganz bei Trost sind…

  2. Alleine die Wortwahl spricht schon Bände….. peinlich, Frau Blankau, aber das muß am Amt liegen, wenn ich so an ihre Vorgängerin denke, ihres Zeichens eine Grüne, die sogar bestritten hat, das es in Hamburg eine Wohnungsnot gibt.
    Wilhelmsburg leer??? Kann nicht sein 🙂 Wir packen gerade Umzugskisten, um genau da hinzuziehen, in eine der wenigen neuen und bezahlbaren Wohnungen. Und wir freuen uns drauf.

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