Welke Blütenträume

Die Internationale Gartenschau wurde zum Flop. Dafür gibt es vor allem zwei Gründe.

Am kommenden Wochenende ist sie vorbei, und man kann es nicht bloß durch die Blume sagen: Die Internationale Gartenschau war für Hamburg ein Flop. Statt der erwarteten 2,5 Millionen Besucher werden am Ende wohl gerade einmal 1,2 Millionen gekommen sein. Die igs hinterlässt deswegen ein riesiges Defizit von voraussichtlich etwa 25 Millionen Euro, für das nun der Steuerzahler aufkommen muss. Damit hat Hamburg die zumindest im Ergebnis schlechteste Gartenschau abgeliefert, die es in Deutschland je gegeben hat.

Mögliche Gründe werden bereits seit Wochen diskutiert. Die Preise seien zu hoch gewesen, sagen die einen. Andere führen das schlechte Wetter im Frühjahr als Begründung an. Und für einige Besucher, die einfach nur schöne Gärten mit prächtigen Blumenbeeten erwarteten, war das Konzept der igs zu intellektuell. Deswegen kamen sie nicht wieder und rieten anderen vom Besuch ab. All das sind mögliche Gründe. Aber richtig überzeugend sind sie nicht.

Vergleicht man nämlich die igs mit anderen Großveranstaltungen oder mit dem Besuch eines Musicals oder eines HSV-Spiels, dann relativiert sich das Bild der angeblichen Wucherpreise schnell. Das Wetter war in der Bilanz sogar deutlich besser als von einem Hamburger Durchschnittssommer zu erwarten. Und die große Mehrheit der Menschen, die die igs in Wilhelmsburg besuchten und sich auf ihre Machart einließen, war am Ende begeistert. Wenn die Gartenschau selbst also gut gemacht und die Bedingungen in Ordnung waren – warum hat die Veranstaltung so ein hohes Minus eingefahren?

Eine zentrale Ursache für das schlechte Ergebnis dürfte in der wenig professionellen Öffentlichkeitsarbeit gelegen haben. Jedes Produkt ist am Ende bekanntlich nur so erfolgreich wie seine Vermarktung. Und daran hat es bei der igs eindeutig gehapert. Dass die Verantwortlichen es ablehnten, einen professionellen Beirat auch für eine erfolgreiche PR-Kampagne einzurichten, hat sich als gravierender Fehler erwiesen. Es gab insgesamt viel zu wenig Plakate, es wurde zu wenig in Werbung investiert. Anstatt dafür zu sorgen, dass niemand an der Veranstaltung vorbeikommt, haben die Macher darauf gesetzt, dass die Einheimischen sowieso hingehen würden zum grünen Großevent in der eigenen Stadt. Das war ein teurer Trugschluss. Denn gerade die Hamburger haben sich zu großen Teilen der igs verweigert. Das ist bei kürzerem Nachdenken in Wahrheit wenig erstaunlich. Denn anders als in kleineren Städten, die ihre Gartenschauen erfolgreicher abschlossen, gibt es in Hamburg an jeder Ecke Konkurrenz. Die Stadt ist voll mit attraktiven Angeboten zur Freizeitgestaltung. Deswegen hätte man sich umso intensiver um die Hamburger bemühen müssen.

Das hohe Defizit hat aber auch eine andere, grundsätzlichere Ursache. Wie so oft bei Großveranstaltungen und großen Bauprojekten hat die Politik sich die Zahlen offenbar im Vorwege schöngerechnet. Um so zu tun, als könne sich die Veranstaltung selber tragen, hat man einfach mal mit 2,5 Millionen Besuchern kalkuliert. Dass gerade einmal die Hälfte davon gekommen ist, zeigt, wie unrealistisch diese Rechnung war.

Bürgermeister Olaf Scholz propagiert bekanntlich stets das „gute Regieren“ und seriöse Kalkulieren. Er muss sich nun fragen lassen, wie dem Senat eine so eklatante Fehlplanung unterlaufen konnte. Zwar hat die igs unabhängig von den Kosten einen bleibenden Wert für Wilhelmsburg und die Stadtentwicklung insgesamt. Wie wichtig sie in diesem Zusammenhang für Hamburg gewesen ist, lässt sich wohl erst in einigen Jahren abschließend beurteilen. Dennoch sind schon jetzt eine genaue Fehleranalyse und eine politische Aufarbeitung nötig – damit sich derlei Planungsfehler nicht wiederholen. Grundsätzlich sollten die Verantwortlichen mit ihren Schätzungen in Zukunft etwas vorsichtiger sein. Das gilt für Konzerthäuser ebenso wie für Großveranstaltungen.

Ganz nebenbei könnte das igs-Debakel die Hamburger übrigens auch ein wenig Demut lehren. Diese Stadt wollte Olympische Spiele ausrichten. Nun ist sie an einer Gartenschau gescheitert.

Erschienen als Leitartikel/Kommentar am 8. Oktober 2013 in Hamburger Abendblatt und WELT.

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