Der Verein „Mehr Demokratie“ und andere wehren sich gegen Volksbefragungen durch die Bürgerschaft, wie sie im Zuge der möglichen Olympiabewerbung in Hamburg von SPD, Grünen und CDU generell eingeführt werden sollen. Mein Kommentar aus dem Abendblatt.
Eine Frage ist eine Frage. Wenn also das Volk gefragt wird, ob es für oder gegen Olympia oder eine Primarschule ist, dann ist es gleichgültig, wer diese Frage stellt. Ob das Parlament zum Referendum oder eine Volksinitiative zum Volksentscheid bittet. Könnte man meinen. Stimmt aber nicht ganz. Denn natürlich kommt es darauf an, wie eine Frage formuliert ist. Und wann sie gestellt wird. Jedenfalls bei der Befragung des Volkes.
Denn für den Erfolg von Volksinitiativen müssen hohe Beteiligungen erreicht werden. Das ist zwar an Tagen zu schaffen, an denen parallel die Bürgerschaft oder der Bundestag gewählt wird – nicht aber an anderen Abstimmungsterminen.
Das sind zentrale Punkte der Kritik von „Mehr Demokratie“ und anderen an der Einführung von Volksbefragungen durch Senat und Bürgerschaft, sogenannten Referenden, wie sie am 28. Mai endgültig beschlossen werden sollen. Sie befürchten, dass die Regierenden dieses zunächst für die Olympiabefragung nötige Instrument auch nutzen werden, um unliebsame Volksinitiativen durch eigene Referenden und Tricksereien bei Abstimmungsterminen auszuhebeln. Denn zum Thema eines Referendums darf es für mehrere Jahre keine Volksinitiative geben.
Nun ist Skepsis eine Tugend, weil sie hilft, kritisch und genau hinzusehen. Gleichwohl erscheinen die Befürchtungen überzogen. Die Behauptung, Volksbefragungen durch Senat und Bürgerschaft machten die Volksgesetzgebung faktisch kaputt, lässt sich kaum nachvollziehen – selbst wenn man dem Parlament unterstellen wollte, sein wichtigstes Anliegen sei es, das Volk hinters Licht zu führen.
Die Einführung von Referenden ist grundsätzlich sinnvoll. Mit ihrer Hilfe kann Politik binnen Monaten feststellen, ob es für Großvorhaben Mehrheiten gibt oder nicht – und es vergehen nicht Jahre, bis womöglich ein Volksentscheid jahrelange Regierungspolitik im Nachhinein zunichte macht. Bei der Ausgestaltung muss man gleichwohl genau hinsehen. Und natürlich muss dieses neue Instrument den Praxistest bestehen – und bei Bedarf nachjustiert werden. Das weiß auch die Bürgerschaft. Deswegen soll es nach dem Olympia-Referendum eine intensive Bewertung des Verfahrens geben.
Erschienen am 12. Mai 2015 als Kommentar im „Hamburger Abendblatt„.