Die von Rötger Feldmann alias Brösel geschaffene Comic-Kultfigur Werner gibt es seit 1978, als der aufmüpfige Lehrling zum ersten Mal in „Pardon“ auftauchte. 1981 erschien der erste Comicband „Werner, oder was“. Seither sind elf weitere Bücher, zahlreiche Werner-Filme und Computerspiele auf den Markt gekommen. Am 17. März wird Werner-Erfinder Rötger Feldmann 60. Erwachsen will er immer noch nicht werden. Und seine Figur soll es auch niemals werden. Ein Gespräch über das Alter, über Bölkstoff und Bürokratie.
Moin, Herr Feldmann. Wann waren Sie eigentlich zum letzten Mal beim TÜV?
Feldmann: Beim Menschen-TÜV, beim Aaz, oder was?
Nee, beim TÜV für Motorräder, mit dem sich Ihr Werner schon seit mehr als 30 Jahren rumärgert.
Feldmann: Zu dem TÜV fahr ich gar nicht mehr selber hin. Das geht mir immer zu doll auf die Nerven. Diese ganze Behördenkacke, das ist doch nicht zum Aushalten. Dauernd neue Bestimmungen, das muss so, und dies muss so. Das Nummernschild muss da hin, das Rücklicht hier und der Blinker so. Furchtbar.
Da hat Werner doch die ultimative Lösung präsentiert: den Wurstblinker, bei dem aus dem Lenker eine Wurst fliegt, je nachdem, wo Werner abbiegen will.
Feldmann: Ja, aber den wollten die ja auch nicht zulassen. Man kann sich da nur rumärgern. Ich bastel gerne an Motorrädern, auf so ’ne gekaufte Schüssel hab ich kein Bock. Aber diese Bürokratie macht doch die ganze Kreativität in Eimer. Beim Arbeiten ist das doch genauso, hier Vertrach, da Vertrach. Das nervt doch alles.
Heißt das, der Vater von Werner fährt nicht mehr Motorrad?
Feldmann: Doch, mal ins nächste Dorf oder so. Aber im Moment hat hier tonnenweise Schnee gelegen, da ist Motorradfahren sowieso scheiße. Wenn man 60 is, dann is einem das zu kalt. Weltreisen mach ich sowieso nicht mehr mit der Schüssel. Da fahr ich lieber vier Räder. Mini Cooper oder Oldsmobil, aber das mit dem An- und Abmelden geht mir auch auf den Zeiger.
Und wie steht’s mit dem Bölkstoff? Werner haut sich das Bier ja schon zum Frühstück rein.
Feldmann: Für Werner ist das wie der Zaubertrank für Asterix.
Was macht denn Werners Leber eigentlich nach jetzt schon mehr als 30 Jahren Bölkstoffbetankung?
Feldmann: Der geht es gut. Eine Comicfigur hat da keine Probleme mit. Die können saufen, soviel sie wollen. Papier saugt ja.
Aber wenn man sich das zum Vorbild nehmen würde, hätte man ein Problem, oder?
Feldmann: Ja, ich mach das auch gar nicht mehr. Ich hab zwar immer mein Bölkstoff zur Hand, und wenn mal einer kommt, dann kriegt er ’n Flasch Bier. Aber das ist ja ne Gesellschaftsdroge. Alleine saufen macht kein Spaß, oder?
Stimmt. Sie sind ja jetzt 60, also erwachsen geworden. Wird Werner auch irgendwann erwachsen?
Feldmann: Nee, der bleibt immer Lehrling. Das will doch auch keiner haben, so ’n alten Sack, der nur noch rummeckert. Meine Frau sagt, dass ich selber nicht erwachsen bin, dass ich nur Scheiße baue. Dann kann Werner ja auch nicht erwachsen werden.
Feiern Sie heute ordentlich mit ner Palette Bölkstoff?
Feldmann: Nee, keine Zeit. Ich arbeite am neuen Film „Werner eiskalt“, der soll im August rauskommen. Ich komm jetzt echt nich zum Feiern.
Was haben Sie denn sonst noch alles auf dem Zettel?
Feldmann: Neben dem Film mach ich den Werner-Kalender fürs nächste Jahr fertig. Ich komm kaum zum Schlafen. Außerdem haben wir die alten Bücher als Werner-Sammelbänder rausgebracht in Hardcover. Wir machen die Internetseite www.werner.de. Und wir vertreiben den „Bölkstoff“. Da kommt man echt zu nix.
Wird eigentlich irgendwas anders, wenn man 60 wird?
Feldmann: Nö. Der Tod fängt ja mit 25 an, da schleicht er sich langsam an dich ran. Aber ’n Spazierstock brauch ich noch nicht. Ich komm grade vom Fitness.
Haben Sie mal darüber nachgedacht, außer Werner noch andere Figuren zu erfinden?
Feldmann: Wie? Hab ich doch: Eckat, Andi, Meister Röhrich …
Nee, ich meine ein anderes Comic.
Feldmann: Nö. Wozu denn? Ich kann doch in die Werner-Geschichten die ganze Welt reinpacken und alles, was ich erlebe. Da brauch ich nix Neues zu erfinden. Außerdem macht Werner schon genug Arbeit.
Erschienen am 17. März 2010 in der WELT und am 21. März in WELT ONLINE. Eine Sammlung von Jens Meyer-Wellmanns Kolumnen über den alltäglichen Familien- und sonstigen Wahnsinn gibt es unter dem Titel „Schrei mich nicht an, ich bin ein Wunschkind“ auch als eBook bei Amazon, und zwar hier.