Warten auf Fiso

Es ist ja in Wahrheit immer alles im Umbruch. Dauernd muss man alles neu lernen, jeden Tag gibt es einen neuen Handytarif, wieder eine neue PIN für irgendeine Karte und neue Studien darüber, wie viel Wein man trinken und Brokkoli man essen muss, um hundert zu werden. Und jetzt müssen wir auch noch wissen, wer oder was Fila ist.

Nein, gemeint ist nicht die Tennishemd-Marke, die Björn Borg bei seinem endlosen Wimbledon-Finale gegen Roscoe Tanner trug (bei dem ich auf Tanner setzte und ein Monatstaschengeld verlor). Auch nicht die Abkürzung für den Ringerverband Fédération Internationale des Luttes Associées. Gemeint ist Frau Ahlhaus, eine fröhliche blonde Maklerin aus der Pfalz, die jetzt Hamburgs Frau Bürgermeisterin ist. Ihr Mann Christoph nennt sie, wie jetzt zu lesen war, „Fila“ – neckische Kurzform für „First Lady“.

 

Nicht verraten hat das neue Regentenpaar bisher, wie die lebensfrohe Fila, die ausweislich der Gesellschaftskolumnen gerne Partys feiert, ihrerseits den Gatten anredet. Vielleicht Erbü für Erster Bürgermeister? Oder „mein süßer Sench“ für Senatschef? Das klassische „Ringeltäubchen“ wäre auch möglich, seit sich Ahlhaus an der Alster im engen Streifenshirt ablichten ließ. Ringel, Erbü oder Sench – halb so wichtig. Viel bedeutender für die Hamburger ist sowieso der Fiso.

 

Die Ankunft des Fiso, also des „First Son“ von Erbü  und Fila, wird von politischen Beobachtern für Herbst 2011, ein halbes Jahr vor der Bürgerschaftswahl, erwartet. Fiso würde prima in den Wahlkampf passen. Statt mit langweiligem Politgedröhne könnten die Hamburger sich damit befassen, ob der kleine Fiso eher der Fila oder mehr dem Erbü ähnelt. Sie könnten darüber rätseln, ob sein erstes Wort wohl Bürgermeister würde, und wohin in Papas großem Rathaus Fiso seine ersten Schritte lenken wird. Fila und Erbü könnten das Baby vom Balkon herab dem Volke zeigen und alle wären glücklich, und niemand dächte mehr an brennende Autos oder nölte darüber, dass Erbü Thalia-Theater und Schauspielhaus fusioniert und zu einer Musical-Holding weiterentwickelt hat. Und vielleicht würde Fiso, nach einer moderaten Verfassungsänderung, das segensreiche Wirken seines Vaters eines Tages als dessen legitimer Nachfolger vollenden.

 

Mal ehrlich: So ein kinderloser Olaf Scholz, der nichts außer Politik im Kopf hat und seine Frau Britta nennt, würde gegen Erbü und seine Kinder doch gänzlich graugesichtig untergehen, oder?

Erschienen in leicht veränderter Form am 18. September 2010 in der Rubrik “Hamburger Momente” in WELT und WELT ONLINE. Eine Sammlung von Jens Meyer-Wellmanns Kolumnen über den alltäglichen Familien- und sonstigen Wahnsinn gibt es unter dem Titel „Schrei mich nicht an, ich bin ein Wunschkind“ auch als eBook bei Amazon, und zwar hier.
 

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