Von Rot-Grün kommt beim Klimaschutz in Hamburg vor allem heiße Luft

Der eigene Klimabeirat verpasst Senat aus SPD und Grünen eine Klatsche. Die viel zu spät vorgelegte Zwischenbilanz stecke voller Schwächen, Klimaziele würden so nicht erreicht. Mein Abendblatt-Kommentar.

Ja, das geht: Man kann ein vernichtendes Zeugnis auch in diplomatische Worte verpacken. Genau das hat jetzt der Klimabeirat in seiner Stellungnahme zur Klimabilanz des Senats getan. Die 15 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vermeiden drastische Vokabeln – in der Sache aber ist die zwölfseitige „Empfehlung“ des Gremiums nichts anderes als die sprichwörtliche Ohrfeige für den Senat. 

Die Wissenschaftler stellen fest: Der vom grünen Umweltsenator Jens Kerstan vergangene Woche vorgelegte Zwischenbericht ist voll von methodischen Schwächen, Zahlen sind zu alt, Gutachten sind nicht eingearbeitet und der Senat hat es nicht einmal geschafft, seine eigenen 2019  festgelegten Maßnahmen so systematisch auszuwerten, dass man daraus genauere Schlüsse ziehen kann.

Schlimmer noch: Auch wenn SPD und Grüne ihre Klimaziele für 2030 gerade noch einmal auf 70 Prozent CO2-Reduktion gegenüber 1990 verschärft haben, wird Hamburg nach Einschätzung der Experten womöglich nicht einmal das alte Ziel von 55 Prozent erreichen – es sei denn, es wird sofort und massiv beim Klimaschutz nachgeschärft. 

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Omikrons Bescherungen

Ausbrüche unter 2G+ und keine Kontaktnachverfolgung mehr. Angebliche mildere Verläufe bei zusammenbrechenden Systemen. Was die neue Variante uns beschert und welche Versprechungen die Politik bricht. Ein Weihnachtskommentar.

Die gute Nachricht passend zum Fest zuerst: Die neue Corona-Variante Omi­kron scheint zu etwas milderen Krankheitsverläufen zu führen als das bisher vorherrschende Delta. Darauf jedenfalls deuten einige Studien hin. Zudem schützt das Boostern wohl passabel vor Infektion oder schwerer Erkrankung auch bei dieser Version des Erregers.

Insgesamt ist die Lage zu Beginn des dritten Pandemiejahrs trotzdem nicht feierlich. Denn die Geschwindigkeit, mit der sich Omikron verbreitet, könnte die Kliniken gleichwohl über ihre Belastungsgrenzen bringen, weil viel mehr Menschen als bisher gleichzeitig erkranken – und einige weiterhin schwer. Auch der kritischen Infrastruktur von Polizei und Feuerwehr bis zu Wasser- und Stromversorgern drohen wegen massenhafter Krankmeldungen Probleme.

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Energiepreise und Mietenanstieg in Hamburg: „Der Schock kommt 2022“

Gas- und Strompreise steigen weiter dramatisch, Mieten nun auch in Hamburg immer schneller. Mieterverein sieht „Zeitbombe für Gesellschaft“. Die Politik wirkt seltsam hilflos.

Hamburg. Das war eine, vorsichtig formuliert, überraschende politische Gewichtung, die der rot-grüne Senat in dieser Woche vorgenommen hat. Statt das so wichtige Thema in der Landespressekonferenz auf der großen medialen Bühne zu präsentieren, stellte SPD-Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt den neuen Mietenspiegel am Montagnachmittag fast verschämt in ihrer Wilhelmsburger Behörde vor. Nicht einmal eine Pressekonferenz war ihr der stärkste Mietenanstieg seit 20 Jahren wert. Stattdessen ließ Stapelfeldt nur handverlesene Medienvertreter zum Gespräch bitten.

Die große Bühne am Dienstag im Rathaus bekam dafür der grüne Verkehrssenator Anjes Tjarks, der dort zum gefühlt 257. Mal seit Amtsantritt eine Jubelarie aufs Radfahren sang – und eine Bilanz des Fahrrad-PR-Programms „Fahr ein schöneres Hamburg“ zog. Zwar hat die 6,2 Millionen Euro teure Kampagne das Klima zwischen Radfahrern und anderen Verkehrsteilnehmern keinen Deut verbessert und also ihr Kernziel verfehlt, wie eine Umfrage ergab. Aber immerhin wurde dafür ein altes Fahrrad „Fiete“ getauft und von einem Tattoostudio bemalt. Und eine Hymne mit der Zeile komponiert „Wir fahren einfach hin und her – alles leicht und nichts ist schwer“.

Wohnen in Hamburg: Mieten steigen immer schneller

Unabhängig davon, für wie begabt man die Dichter solcher Zeilen hält: Natürlich darf man das Radfahren wünschenswert und wichtig finden. Dass man das Thema aber selbst im grauen Dezember offenbar für bedeutender hält als die dramatisch steigenden Wohnkosten für fast alle Hamburger – das spricht für eine gewisse Abgehobenheit des Senats. Oder für seine Hilflosigkeit.

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Muss Tschentscher wegen Affären Hamburger Senat umbilden?

Coronaparty, Pimmelgate, Intrigen: Mit Gallina und Grote sind ausgerechnet die Senatoren für Sicherheit und Rechtsstaat angeschlagen.

Glücklich geht anders. Auf viele wirkte SPD-Bürgermeister Peter Tschentscher am Mittwoch in der Aktuellen Stunde der Bürgerschaft ziemlich gequält. Kein Wunder. Wer lässt sich schon gerne mit seinem Vorgänger vergleichen, um dabei schlecht abzuschneiden? Bei Olaf Scholzhätte es das nicht gegeben, behauptete CDU-Fraktionschef Dennis Thering in der Debatte über die negativen Schlagzeilen, die manche Senatoren zuletzt gemacht haben. Die Mannschaft mache unter Tschentscher, was sie wolle, die Zeiten des von Scholz stets für sich reklamierten guten Regierens seien offenkundig vorbei.

Nun gehört zur politischen Debatte immer auch ein wenig Theaterdonner – und nicht alles, was eine Opposition ganz hoch hängt, ist wirklich von überragender Bedeutung. Diesmal aber traf die Kritik in ihrem Kern genau ins Schwarze: Es kann Tschentscher nicht gefallen, was er über Innensenator Andy Grote (SPD) und Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne) seit Wochen lesen muss.

Hamburger Senat: Affären um Grote und Gallina schwächen Rot-Grüne Regierung

Seit der traumatischen Schill-Wahl 2001 gilt in der Hamburger SPD die Ansage, dass Innere Sicherheit nie wieder zur offenen Flanke der Partei werden dürfe – und die Justiz auch nicht. Dafür aber braucht es über alle Zweifel erhabene Fachsenatoren. Genau die aber haben zuletzt viel dafür getan, ihren Ruf zu beschädigen – und sich selbst sogar über die deutschen Grenzen hinaus zum Gespött gemacht. Gallina und Grote: Der Senat hat dieser Tage ein ganz eigenes 2G-Problem.

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„Ab jetzt wird Klimaschutz auch wehtun“

Der rot-grüne Streit über CO2-Ziele kaschiert bisher noch, welche Härten der Umbau der Stadt für viele Hamburger bringen wird.

Er sei bisweilen dünnhäutiger und nachtragender als sein Vorgänger, wird Hamburgs SPD-Bürgermeister Peter Tschentscher nachgesagt. Während Olaf Scholz meist seinem Leitspruch „Wir sind nie beleidigt“ folge, könne Tschentscher oft nicht verbergen, wie sehr es ihn auch persönlich trifft, wenn Opposition oder Journalisten mal härter mit der Arbeit des Senats ins Gericht gehen oder – schlimmer noch – der Koalitionspartner ihn offen kritisiert.

Mit dem grünen Umweltsenator Jens Kerstan würde der SPD-Senatschef am liebsten gar nicht mehr zusammenarbeiten, heißt es. Im Wahlkampf hatte Kerstan öffentlich gemacht, dass Tschentscher in der vertraulich tagenden Senatskommission für Klimaschutz im August → weiterlesen