Blutige Knie statt Porsche

Die Midlife-Crisis kommt heute später und sie wirkt sich anders aus – vor allem bei Männern

Mag ja sein, dass die Mittlebenskrise sich nach hinten verschoben hat, weil wir jetzt alle uralt werden, aber irgendwann kommt sie doch. Dann werden bekanntermaßen vor allem Männer wunderlich, allerdings werden sie heute anders wunderlich als früher.

Früher kauften sich 50jährige Familienkutschen-Kapitäne plötzlich Luxusschlitten, verließen ihre Frauen und begannen im offenen Porsche mit 22-jährigen Sekretärinnen durch Italien zu cruisen.

Mehr Ego, mehr Luxus, mehr Spaß und weniger lendenlähmende Vernunft – das war des Mittelalten Motto.

Mittlerweile hat die Wertigkeit des Edelautos abgenommen (kürzlich war in einem Satiremagazin zu lesen, heutzutage kompensierten manche Männer ihre übermäßigen Gemächte mit → weiterlesen

Noch alle beisammen?

Der wahre Stress wartet nicht im Büro. Der Event-Wahn in der Freizeit macht viel kränker. Wie wär’s mit einer neuen Kultur des Rückzugs?

Ja, ja, ich weiß, auch morgen geht wieder die Welt unter. Wie seit Jahren jeden Tag. Entweder ist wieder Euro oder Atom oder Regensommer.

Nebenbei leiden wir alle unter gemeingefährlicher Arbeitsverdichtung und Burnout oder darunter, dass es jetzt Handys und E-Mails und all diese furchtbaren Dinge gibt und wir alle immerzu füreinander erreichbar sein müssen. Weltenkrise und Bürostress machen uns kaputt.

Wirklich? Von wegen! Die wahre Folter beginnt erst, wenn wir das Büro verlassen haben, die Glotze aus ist und wir all die journalistischen Hysteriker und Internet-Trolle und auch unsere Chefs auf allen Kanälen abgeschaltet haben.

Dann nämlich→ weiterlesen

Meine schreit lauter

Mit dem Sommer erobern die Biker wieder die Stadt – und spielen Stresstest mit unseren Ohren.

Nein, nein, ich bin doch nicht wahnsinnig und übe öffentlich Kritik an den freundlichen Fahrern all der Kawas, Hondas oder Harleys, die jetzt wieder die Stadt mit fröhlichem Dröhnen erfüllen.

Das gäbe in Hamburg auch sofort eine Fatwa des Motorrad-Gottesdienst-Pastors oder eine konzertierte Aktion der Radiosender zur Rettung des bedrohten Bikers.

Ich möchte nur eine Frage stellen, falls das okay ist: Warum dürfen manche Motorräder eigentlich so viel Lärm machen wie zehn Laster oder 50 Durchschnittsautos?

Na gut, es hat natürlich auch Vorteile, wenn man den Feuerstuhl, während man im Vorgarten oder im Straßencafé seinen Cappuccino schlürft, bereits hört, sobald er im Nachbarstadtteil losfährt. Man weiß dann, → weiterlesen

Mannwerdung in St. Georg

Anzugkauf im Kultladen Policke in Hamburg-St. Georg ist ein Erlebnis der besonderen Art. Dafür rücken die Herren auch gern ein wenig zusammen.

Wenn es stimmt, dass ein ordentlicher Anzug aus jedem Schluffke einen Mann macht, dann ist der uralte Laden mit dem heruntergekommenen Treppenhaus in der Böckmannstraße eine wahre Männerfabrik.

Policke, Anzüge seit 1931. Rund 30.000 Smokings und Fräcke, Hemden, Mäntel, Cuts und Krawatten für Rund und Schlank, Kurz und Lang, verteilt auf vier Etagen, die das exakte Gegenteil von modern eingerichtet sind.

Hier gibt es keinen Fahrstuhl, kein Sektchen und Gedudel, stattdessen schief gelatschte Treppen, auf denen es sich an Sonnabenden über mehrere Stockwerke stauen kann. Linoleumböden und Hinweisschilder, wo man sich anzustellen hat. Kein Tüdelüt, man kommt ja nicht zum Spaß her.

Bei der Mannwerdung in St. Georg durchwandern gesetzte Herren und Konfirmanden gleichermaßen einen riesigen begehbaren Kleiderschrank, überall baumelt gedrängte Markenware von den Decken.

Damit er sich nicht verirrt, wird der Kunde schon am Eingang von einem der 40 Verkäufer taxiert und einsortiert: Die Dünnen nach oben, die Dicken nach unten. Ein Blick reicht, Maßbänder werden nicht benötigt.

Auch hier natürlich kein Anzugkauf ohne Loriot’sche Szenen: „Mein→ weiterlesen

Olaf Scholz – König mit Knute

Als modern kann man den Regierungsstil von SPD-Bürgermeister Olaf Scholz wohl kaum bezeichnen. Während andere Regierende sich auch wegen des Erfolgs der Piratenpartei bemühen, die Bürger stärker zu beteiligen und politische Entscheidungen transparenter zu machen, tut „König Olaf“ gern mal das Gegenteil.

Nicht einmal die Vertreter des Volkes werden bisweilen über die Grundlagen weitreichender Regierungsentscheidungen umfassend informiert.

Den Ankauf zusätzlicher Anteile der Reederei Hapag-Lloyd für 420 Millionen Euro hat Scholz in großer Eile durch die Bürgerschaft drücken lassen. Und nun soll der Erwerb von 25,1 Prozent an den Energienetzen für satte 544 Millionen Euro quasi im Handumdrehen besiegelt werden.

Scholz gibt damit binnen weniger Wochen fast eine Milliarde Euro an Steuergeld aus, etwa ein Zehntel des Hamburger Jahresetats. Den Abgeordneten aber lässt er kaum eine Chance, sich ausreichend mit den wichtigen Fakten vertraut zu machen. Sie haben weder genug Zeit noch genügend Informationen, um die umfangreichen Geschäfte, die sie beschließen sollen, wirklich durchdringen zu können.

Viele Fragen bleiben offen – etwa die, ob der Wert der Hapag-Lloyd-Anteile marktgerecht ermittelt wurde. Oder die, ob sich Hamburg im Falle der Energienetze→ weiterlesen