Mein Abendblatt-KOMMENTAR zum Grünen-Wahlprogramm
Das Selbstbewusstsein trieft schon aus dem Titel. Nein, die Grünen haben ihr Angebot an die Hamburger zur Bürgerschaftswahl 2020 nicht etwa profan „Wahlprogramm“ genannt, es heißt „Regierungsprogramm“. Denn sie wollen künftig nicht mehr als grüner Anbau in einem roten Haus wahrgenommen werden, wie es Olaf Scholz formulierte.
Die Grünen wollen viel stärker den Ton angeben und womöglich erstmals mit einer Ersten Bürgermeisterin an der Spitze im Senat die Richtung vorgeben. Die Europa- und Bezirkswahlen haben gezeigt, dass die Hamburger der Partei viel zutrauen – und die Klimademos belegen, dass grüne Themen bei den Menschen ganz hoch im Kurs stehen.
Entsprechend selbstbewusst grenzen sich die Grünen in ihrem Programm von den anderen Parteien ab – auch und besonders vom Koalitionspartner SPD. So wollen sie den Autoverkehr drastisch einschränken – und sagen das auch.
Sie wollen Hamburg bis 2035 zur „klimaneutralen Stadt“ machen, was nur mit radikalen Veränderungen bei Verkehr, Industrie und Energieversorgung möglich sein wird. Die Grünen machen ernst – weil sie (wohl zu Recht) glauben, dass ein paar Pflästerchen nicht reichen, um die Klimakatastrophe abzuwenden.
Zugleich positioniert sich die Partei deutlich links von den Sozialdemokraten: Sie fordert die Cannabis-Legalisierung und die Absenkung des Wahlalters auf 14 – und Schwarzfahren und Vermummung auf Demos sollen nicht mehr strafbar sein. Das ist schon für viele in der SPD kaum verdaulich, für manche Konservative dürfte es ein Horror sein.
Die Grünen haben sich mit ihrem Programm deutlicher festgelegt als andere Parteien. Wer sie wählt, der muss jetzt wissen: Die Grünen wollen (auch) Hamburg tiefgreifend verändern – und damit das Leben seiner Bürger. Bequem wird das nicht. Aber das haben sie auch nicht versprochen.
Erschienen als Kommentar im „Hamburger Abendblatt“ vom 25. September 2019. Der Artikel zum Thema findet sich hier.